Eine Gefährdungsbeurteilung erstellen in 6 einfachen Schritten

Eine Gefährdungsbeurteilung erstellen in 6 einfachen Schritten

Gefährdungsbeurteilungen sind ein Schlüsselkonzept, die Arbeitgeber:innen dabei unterstützen, Risiken zu erkennen und zu minimieren. Doch wie genau erstellt man eine solche Beurteilung? Dieser Artikel dient als praxisorientierte Anleitung, die Sie durch den Prozess führt, von der Ermittlung der Gefährdungen bis zur Dokumentation der Schutzmaßnahmen. In sechs einfachen Schritten.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Gefährdungsbeurteilungen sind gesetzlich vorgeschrieben.
  • Sie dienen der Identifizierung und Minimierung von Risiken am Arbeitsplatz.
  • Der Prozess der Gefährdungsbeurteilung lässt sich in drei wesentliche Schritte gliedern: die Identifikation von Gefahren, die Bewertung der Risiken und die Entwicklung von Schutzmaßnahmen.

Die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung ist seit 1996 ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsschutzgesetzes in Deutschland und stellt die gesetzliche Grundlage dar.

Das Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist die vorausschauende Erkennung und Eliminierung von Gefahren am Arbeitsplatz, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen zu gewährleisten. Sie ist ein wichtiger Aspekt des Arbeitsschutzes, bei dem sowohl die Arbeitgeber:in als Hauptverantwortliche als auch die Arbeitnehmer:innen durch Befolgen der Maßnahmen und die staatlichen Einrichtungen durch Überwachung der Bestimmungen gemeinsame Verantwortung tragen.

Während die Gefährdungsbeurteilung sowohl von den Arbeitgeber:innen als auch von fachkundigen Personen durchgeführt werden kann, verbleibt die rechtliche Verantwortung immer bei den Arbeitgeber:innen selbst.

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1. Erfassung von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten

Die Erfassung von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten ist ein zentrales Element der Gefährdungsbeurteilung.

Damit eine sinnvolle und effiziente Gefährdungsbeurteilung stattfinden kann, muss entsprechend der Betriebsstruktur ein Konzept erstellt werden, mit dem alle Beschäftige mit ihren Tätigkeiten erfasst werden können. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. Insofern muss zunächst zwischen drei Arten von Gefährdungsbeurteilungen unterschieden werden: der arbeitsbereichsbezogenen, der tätigkeitsbezogenen und der personenbezogenen Gefährdungsbeurteilung.

Arbeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung

Bei der arbeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung geht es zentral um die Erfassung von Arbeitsbereichen, die den gleichen Gefährdungen ausgesetzt sind. Hier gilt es, systematisch die verschiedenen Arbeitsbereiche innerhalb der Betriebsorganisation zu identifizieren. Dies geschieht durch die Zusammenfassung ähnlicher Tätigkeiten und Arbeitsplätzen, bei denen gleiche Arbeitsmittel genutzt werden.

Tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung

Bei der tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung werden die einzelnen individuellen Tätigkeiten der Mitarbeiter:innen zusammengefasst. Hier werden insbesondere Tätigkeiten relevant, die von Arbeitnehmer:innen ohne festen Arbeitsplatz ausgeübt werden, etwa von Außendienstmitarbeiter:innen.

Personenbezogene Gefährdungsbeurteilungen

Diese Form der Gefährdungsbeurteilung ist von besonderer Bedeutung, da sie Personen berücksichtigt, die speziellen Schutz benötigen. Speziellen Schutz benötigen etwa Jugendliche, schwangere oder stillende Mitarbeiter:innen. Ebenso gilt dies für Arbeitnehmer:innen, die aufgrund von Allergien, chronischen Krankheiten oder Behinderungen wechselnde Tätigkeiten ausführen.

2. Ermittlung von Gefährdungen

Der nächste Schritt ist die Ermittlung von Gefährdungen.

Die Grundlage für die Gefahrenermittlung bildet die tätigkeitsbezogene Analyse, die bereits im ersten Schritt durchgeführt wurde. Nachdem die Tätigkeiten aufgelistet wurden, erfolgt nun die Untersuchung der Risikofaktoren und Belastungen in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen. Dazu können auch Mitarbeiter:innen befragt werden.

Risikofaktoren

Im Rahmen der Risikofaktoren wird zwischen biologischen, chemischen und mechanische Faktoren unterschieden. Folgen der Nichtberücksichtigung dieser Faktoren können unter anderem Stolperstellen oder Infektionserreger sein.

Belastungen

Eine Belastung ist immer dann vorhanden, wenn Beschäftigte sich durch ihre Tätigkeit körperlich oder psychisch beeinträchtigt fühlen. Stress, Zeitdruck, zwischenmenschliche Konflikte, körperliche Anstrengung und das Gefühl der Unter- oder Überforderung sind einige der möglichen Auslöser. Zudem kann eine unzureichende Qualifikation oder Einweisung in bestimmte Arbeitsbereiche ebenfalls eine Belastung darstellen.

3. Bewertung von Gefährdungen

Nachdem die Gefährdungen im letzten Schritt ermittelt wurden, gilt es sie jetzt zu bewerten.

Um Risiken angemessen zu bewerten, ist es wichtig, jede einzelne Gefährdung sorgfältig zu prüfen. Beurteilen Sie, ob die Gefährdung so signifikant ist, dass eine Arbeitsschutzmaßnahme erforderlich ist. Die Risiken sollten in

  • vernachlässigbare
  • akzeptable und
  • inakzeptable Gefährdungen

eingeteilt werden.

4. Schutzmaßnahmen festlegen und durchführen

Wenn die Bewertung der Gefährdungen zeigt, dass gefährliche Stoffe genutzt werden und potenzielle Gefahren bestehen, sind geeignete Schutzmaßnahmen nach dem sogenannten „STOP-Prinzip“ festzulegen. Jeder Buchstabe des „STOP“ repräsentiert dabei verschiedene Arten von Maßnahmen:

  • S – Substitution: Überprüfung, ob gefährliche Stoffe durch weniger kritische Stoffe ersetzt werden können.
  • T – Technische Schutzmaßnahmen: z. B. Kapselung von Geräten, technisches Lüften, Ablüften.
  • O – Organisatorische Schutzmaßnahmen: z.B. Abgrenzung von Gefährdungsbereichen, Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen, Implementierung von Beschäftigungsbeschränkungen für gefährdete Personengruppen, sichere Lagerung und Entsorgung gefährlicher Stoffe.
  • P – Persönliche Schutzmaßnahmen: z. B. Schutzkleidung, Schutzbrille, Einführung zusätzlicher Pausen und Personalwechsel.

Die Reihenfolge der Buchstaben gibt dabei auch vor, welche Schritte wann ergriffen werden sollten. Die bevorzugte Vorgehensweise ist also erst einmal die Beseitigung der Gefahrenquelle. Bleiben dann noch Restgefahren, sind technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Schutzmaßnahmen durchführen

Allein die Festlegung der Schutzmaßnahmen ist nicht ausreichend. Sie müssen auch durchgeführt werden. Arbeitgeber:innen stehen in der Verantwortung, dass die festgelegten Maßnahmen auch wirklich durchgeführt werden. Unterstützung erfahren sie dabei von Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzt:innen und gegebenenfalls von ihren Beschäftigten.

5. Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen

Nach der Durchführung der Arbeitsschutzmaßnahmen ist es wichtig, diese Maßnahmen zu überwachen und zu kontrollieren. Die Wirksamkeit der durchgeführten Schutzmaßnahmen sollte überwacht und dokumentiert werden, um festzustellen, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.

Regelmäßige Überprüfung und Anpassung

Arbeitsschutz ist ein fortlaufender Prozess, der regelmäßig überprüft und verbessert werden muss. Schließlich können sich die Bedingungen am Arbeitsplatz ändern. Es ist wichtig, die Gefährdungen neu zu bewerten, wenn folgende Ereignisse eintreten:

  • Arbeitsunfälle
  • Häufigere Fehlzeiten aufgrund von Krankheiten
  • Einführung neuer Arbeitsmittel
  • Umgestaltung von Arbeitsplätzen
  • Veränderung der Arbeitsabläufe
  • Gesetzesänderungen

Der Überprüfungsprozess sollte ein kollaboratives Verfahren sein, das die Fachkraft für Arbeitssicherheit, den Betriebsarzt sowie die Mitarbeiter:innen einbezieht, um eine umfassende und effektive Überprüfung zu gewährleisten.

6. Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung

Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich vorgeschrieben und bildet eine essenzielle Grundlage für die Arbeitssicherheit in der Organisation. Jedes Unternehmen muss schriftlich das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die darauf basierenden Schutzmaßnahmen und deren Überprüfung dokumentieren, wobei die Dokumentation Maßnahmen, das Ausmaß der Gefahren und die Verantwortlichkeiten klar festhalten muss.

Ordnungsgemäß durchgeführte Dokumentation fördert die Transparenz im Unternehmen. Sie erleichtert auch die korrekte Zuweisung von Budgets für Gesundheits- und Sicherheitsausgaben, basierend auf der Schwere und Wahrscheinlichkeit identifizierter Gefährdungen, und hilft somit der Kostenkontrolle.

Durch die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Gefährdungsbeurteilung können Unternehmen sicherstellen, dass sie stets aktuell und genau sind und den sich ändernden Bedingungen in ihrem Unternehmen gerecht werden. Denken Sie daran: Sicherheit am Arbeitsplatz ist kein Zustand, sondern ein fortlaufender Prozess, der ständige Wachsamkeit, Engagement und Pflege erfordert.

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Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung und warum ist sie wichtig?

Eine Gefährdungsbeurteilung ist ein systematisches Verfahren zur Identifizierung und Bewertung von Risiken am Arbeitsplatz. Sie ist ein zentraler Bestandteil des Arbeitsschutzes und dient dazu, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen zu gewährleisten.

Welche Schritte sind bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen?

Die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung umfasst mehrere Schritte, darunter die Festlegung von Tätigkeiten, das Ermitteln und Bewerten der Gefährdungen sowie das Durchführen und Überprüfen der Maßnahmen.

Wie oft sollte eine Gefährdungsbeurteilung überprüft werden?

Arbeitsschutz ist ein fortlaufender Prozess, der von Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen regelmäßig überprüft und verbessert werden muss. Schließlich können sich die Bedingungen am Arbeitsplatz ändern. Es ist wichtig, die Gefährdungen neu zu bewerten, wenn Ereignisse, wie Arbeitsunfälle, Veränderung der Arbeitsabläufe oder Gesetzesänderungen eintreten.

Inhalt

Marco Rissel

Herr Rissel ist Geschäftsführer und leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bei arbeitsschutz.jetzt. Mit 20 Jahren Erfahrung im Arbeitsschutz bringt er umfassende Expertise in den Bereichen Arbeitssicherheit, Brandschutz und Qualitätsmanagement mit.

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