Die Arbeitsstättenverordnung legt verbindliche Bestimmungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten fest. Über die Jahre hinweg und zuletzt 2021, hat sich die Verordnung stetig weiterentwickelt, um auf neue Herausforderungen zu reagieren und den modernen Anforderungen des Arbeitsschutzes gerecht zu werden.
Trotz der konstanten Veränderungen ist das Ziel der Verordnung gleich geblieben: die Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Erfahren Sie, welche Anforderungen die Verordnung an Sie stellt und wie diese in der Praxis umgesetzt werden müssen, um Arbeitsplätze sicher und gesund gestalten zu können.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist eine rechtliche Sammlung von Vorschriften zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten.
- Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, Arbeitsstätten sicher einzurichten und zu betreiben.
- Arbeitsstätten sind Arbeitsräume oder andere Orte in Gebäuden oder im Freien und zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sind bzw. zu denen die Beschäftigten im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben.
- Mithilfe der Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) haben Arbeitgeber:innen Arbeitsstätten ordnungsgemäß auszustatten.
- Die Nichtbeachtung der Arbeitsstättenverordnung kann zu Bußgeldern bis zu 30.000 Euro führen; bei schwerwiegenden Verstößen drohen sogar Freiheitsstrafen und der Entzug der gewerberechtlichen Erlaubnis.
Schutzziele der Verordnung
Die Arbeitsstättenverordnung dient in erster Linie dazu, Arbeitsunfälle zu verhindern und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen. Um Arbeitgeber:innen ein gewisses Maß an Gestaltungsfreiheit bei der Umsetzung der Vorschriften zu lassen, definiert die Verordnung keine expliziten Anforderungen, sondern lediglich allgemeine Schutzziele.
In § 3a Absatz 1 ArbStättV steht, dass der Arbeitgeber dafür verantwortlich ist, „Arbeitsstätten sicher und gesundheitsschonend einzurichten und zu betreiben. Er muss Gefährdungen möglichst vermeiden und verbleibende Gefährdungen gering halten. […]“.
Was ist eine Arbeitsstätte?
Um die Arbeitsstättenverordnung auch anwenden zu können, müssen wir zunächst klären, was überhaupt unter einer Arbeitsstätte zu verstehen ist:
Eine Arbeitsstätte ist mehr als nur ein Ort, an dem Arbeit verrichtet wird. Laut der Arbeitsstättenverordnung umfasst eine Arbeitsstätte
- Arbeitsräume oder andere Orte in Gebäuden auf dem Gelände eines Betriebes,
- Orte im Freien auf dem Gelände eines Betriebes oder
- Orte auf Baustellen.
Diese Orte und Räumlichkeiten müssen zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sein. Andernfalls handelt es sich nicht um Arbeitsstätten. Arbeitsplätze wiederum sind Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind, unabhängig von Häufigkeit und Dauer der Nutzung.
Beispiele für Arbeitsstätten
Zu einer Arbeitsstätte können verschiedene Räumlichkeiten gehören, darunter
- Arbeitsräume,
- Bereitschafts-, Kantinen- und Pausenräume,
- Unterkunftsräume,
- Lager- und Maschinenräume,
- Erste-Hilfe-Räume und Notausgänge.
Arbeitsstätten sind aber auch Einrichtungen, die vonnöten sind, um einen Betrieb am Laufen zu halten, wie
- Feuerlöscheinrichtungen,
- Tore,
- Türen,
- Sicherheitsbeleuchtungen sowie
- Energieverteilungsanlagen und mögliche Verkaufsstände im Freien.
Technische Regeln der Arbeitsstätten
Um die Anforderungen der ArbStättV besser umsetzen zu können, gibt es die Technischen Regeln der Arbeitsstätten (ASR). Die Richtlinien wurden vom Ausschuss für Arbeitsstätten erarbeitet. Sie können auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingesehen werden.
Die ASR haben den Zweck, den Unternehmen praktische Regeln an die Hand zu geben. Sie enthalten Maßnahmen, die ergriffen werden können, um den Gesundheitsschutz sowie die Sicherheit von Arbeitnehmer:innen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten zu gewährleisten.
Die Arbeitsstättenverordnung schreibt die Anwendung der Technischen Regeln allerdings nicht vor: Arbeitgeber:innen können selbst entscheiden, welche Vorgaben sie daraus umsetzen und von welchen sie abweichen wollen.
Pflichten nach ArbStättV
Die spezifischen Pflichten, die sich aus der Arbeitsstättenverordnung ergeben, werden in den folgenden Abschnitten detailliert beschrieben.
Gefährdungsbeurteilung
Die Arbeitsstättenverordnung geht nach § 3 der Verordnung detailliert auf die Gefährdungsbeurteilung ein. Arbeitgeber:innen müssen danach überprüfen, ob am Arbeitsort Gefahren für die Mitarbeiter:innen vorhanden sind. Bei Nichtbefolgung dieser Verpflichtung können hohe Bußgelder fällig werden.
Wenn der oder die Arbeitgeber:in nicht selbst über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt, sollten sie eine fachkundige Person zur Beratung oder Beaufsichtigung zu engagieren. Dies stellt sicher, dass die Überprüfung ordnungsgemäß durchgeführt wird.
Beurteilung des Arbeitsumfelds
Arbeitgeber:innen sind verpflichtet, das Arbeitsumfeld so zu gestalten, dass Gefährdungen vermieden und die Sicherheit aller Beschäftigten gewährleistet werden. Es ist Ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass Arbeitsstätten:
- sicher und gesundheitsfördernd eingerichtet und betrieben,
- Gefährdungen vermieden,
- verbleibende Risiken minimiert und
- die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet wird.
Zügige Mängelbeseitigung
Mängel müssen zügig beseitigt und Sicherheitseinrichtungen regelmäßig gewartet werden. Das sagt der § 4 der Arbeitsstättenverordnung. Es liegt in der Verantwortung von Arbeitgeber:innen, sicherzustellen, dass alle festgestellten Mängel umgehend behoben werden.
Wenn Mängel, die eine unmittelbare erhebliche Gefahr bedeuten, nicht behoben werden können, muss die Arbeit sofort eingestellt werden. Dies dient dem Schutz aller Beteiligten innerhalb des Betriebes.
Besondere Räumlichkeiten und sonstige Anlagen
Besondere Räumlichkeiten wie Sanitäranlagen und Pausenräume müssen den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Diese Räumlichkeiten müssen so eingerichtet sein, dass sie den gesundheitlichen Anforderungen entsprechen und die Sicherheit der Beschäftigten nicht gefährden.
Erste-Hilfe Einrichtungen
Erste Hilfe umfasst medizinische, organisatorische und betreuende Maßnahmen an Verletzten oder Erkrankten. Erste-Hilfe-Einrichtungen müssen entsprechend der Unfallgefahr und Mitarbeiter:innenzahl eingerichtet und ausgestattet sein. Es ist die Verantwortung von Arbeitgeber:innen, die Unfallgefahr am Arbeitsplatz zu bewerten.
Pausenräume
Pausenräume sind allseits umschlossene Räume, die der Erholung oder dem Aufenthalt der Beschäftigten während der Pause oder bei Arbeitsunterbrechung dienen. Insbesondere für Arbeitsstätten im Freien oder auf Baustellen können dies beispielsweise auch Räume in vorhandenen Gebäuden sowie in Baustellenwagen, absetzbaren Baustellenwagen oder in Containern sein.
Für nähere Ausführungen zur konkreten Ausgestaltung der Pausenräume für spezielle Mitarbeiter:innen, wie schwangere Frauen und stillende Mütter, lohnt sich ein Blick in die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A4.2.
Sanitäranlagen
Sanitärräume sind Umkleide-, Wasch- und Toilettenräume.
Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A4.1 konkretisiert den § 4 ArbStättV, nach dem Arbeitgeber:innen dafür sorgen müssen, dass Arbeitsstätten den hygienischen Erfordernissen entsprechend gereinigt werden. Verunreinigungen und Ablagerungen, die zu Gefährdungen führen können, sind unverzüglich zu beseitigen.
Raumbeschaffenheit
Auch die Raumbeschaffenheit muss den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung gerecht werden. Dies ist wichtig, um die Sicherheit und den Komfort der Arbeitnehmer:innen zu gewährleisten. Dabei müssen nicht nur die Größe des Raumes, sondern auch die Raumhöhe es ermöglichen, dass die Arbeitnehmer:innen während der Beschäftigung keinen Gefahren ausgesetzt sind.
Fußböden, Wände, Decken, Dächer
Am Arbeitsplatz müssen alle Oberflächen leicht zu reinigen sein. Das gilt sowohl für den Boden als auch für die Wand und die Decke. Die Unternehmensleitung muss je nach Art der ausgeführten Arbeit sicherstellen, dass angemessene Wärme- und Kälteisolierung sowie Feuchtigkeitsschutz vorhanden sind.
Türen, Tore und andere Verkehrswege
Für verschiedene Türenarten gibt es spezielle Vorschriften: So müssen etwa durchsichtige Türen auf Augenhöhe gekennzeichnet oder zumindest als Türen erkennbar sein. Im Falle von Pendeltüren und Tore müssen Sichtfenster vorhanden oder eine absolute Durchsichtigkeit gegeben sein.
Die Sicherung gegen Ausheben und Herausfallen ist für Schiebetüren- und Tore unerlässlich. Dies gewährleistet die ordnungsgemäße Funktionsweise und die Sicherheit.
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Schutz vor besonderen Gefahren
An Arbeitsplätzen, an denen eine Absturzgefahr oder Gefahr durch herabfallende Gegenstände besteht, müssen Einrichtungen existieren, die dazu diesen, die Beschäftigten vor Unfällen zu schützen. Es ist erforderlich, dass alle Gefahrenbereiche eine sichtbare Kennzeichnung haben. Zudem müssen sie gegen unbefugtes Betreten abgesichert sein.
Maßnahmen gegen Brandgefahr
In jedem Betrieb müssen ausreichend Feuerlöscheinrichtungen und, falls erforderlich, Brandmelder und Alarmanlagen vorhanden sein. Die Zahl der nötigen Löscheinrichtungen richtet sich nach:
- der Abmessung und Nutzung des Arbeitsplatzes,
- der Brandgefährdung der vorhandenen Räumlichkeiten und Materialien und
- der Anzahl an anwesenden Beschäftigten.
Fluchtwege und Notausgänge
Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.3 legt in Konkretisierung der Arbeitsstättenverordnung fest, dass Notausgänge und Fluchtwege bestimmte Anforderungen erfüllen müssen. Sie müssen so gestaltet sein, dass sie schnell und sicher erreicht und benutzt werden können. Zudem müssen sie deutlich gekennzeichnet sein, um im Notfall eine schnelle Orientierung zu ermöglichen.
Gestaltung der Arbeitsstätte
Eine Arbeitsstätte muss nicht nur über die nötigen Räumlichkeiten und Ausstattung verfügen, sondern auch eine angemessene Arbeitsumgebung bieten. Ohne angemessene Arbeitsbedingungen kann die Produktivität der Mitarbeiter:innen beeinträchtigt werden. Jede:r Arbeitnehmer:in muss in der Lage sein, den Arbeitsplatz sicher zu erreichen und sich bei Gefahr schnell in Sicherheit bringen zu können.
Beleuchtung und Raumtemperatur
Gemäß der Arbeitsstättenverordnung müssen Räume durch Tageslicht oder künstliche Beleuchtung ausreichend erhellt werden. In der damit verbundenen Technischen Regeln sind strikte Anweisungen festgelegt.
Auch stellt die Technische Regel ASR A3.5 in Ausprägung der Arbeitsstättenverordnung ArbstättV hohe Anforderungen an die Raumtemperatur. Zu beachten sind hier insbesondere Arbeitsräume, bei denen das Raumklima durch die Betriebstechnik beziehungsweise Technologie unvermeidbar beeinflusst wird.
Lüftung und Lärm
Laut der Arbeitsstättenverordnung muss in jedem Betrieb eine ausreichende Lüftung vorhanden sein. Es muss stets eine „gesundheitlich zuträgliche Atemluft“ vorhanden sein. Die ASR A3.6 gilt für Arbeitsplätze in umschlossenen Arbeitsräumen und berücksichtigt die Arbeitsverfahren, die körperliche Belastung und die Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen.
Werden am Arbeitsplatz Tätigkeiten mit Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen durchgeführt und können dabei Beschäftigte gefährdet werden, gelten hinsichtlich der stofflichen Gefährdungen an diesen Arbeitsplätzen besondere Vorschriften nach der Gefahrstoffverordnung oder der Biostoffverordnung hinsichtlich der Belüftung dieser Räumlichkeiten.
Beim Lärm gilt, dass der Schalldruckpegel so niedrig wie möglich gehalten wird. Bei der genauen Bemessung kommt es auf die Art des Betriebes an. Wenn die Gesundheit der Mitarbeiter:innen beeinträchtigt werden könnte, sollte die Lärmbelastung so weit wie möglich reduziert werden.
Rauchen
Gemäß § 5 der Verordnung haben Arbeitgeber:innen die Verantwortung, sicherzustellen, dass Nichtraucher:innen am Arbeitsplatz vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakprodukte geschützt werden. Soweit erforderlich, haben Arbeitgeber:innen ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.
Risiken und Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Bei Nichterfüllung der gesetzlichen Anforderungen der ArbStättV können Unternehmen mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro belegt werden. Bei vorsätzlichen Verstößen, die das Leben oder die Gesundheit von Mitarbeiter:innen gefährden, kann neben hohen Geldbußen auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Weiterhin können auch zusätzliche Auflagen erteilt oder im Extremfall die gewerberechtliche Erlaubnis entzogen werden.
Digitalisierung und flexible Arbeitsmodelle
Seit der Corona-Pandemie haben flexible Arbeitsmodelle, wie das Homeoffice, einen deutlichen Aufschwung erfahren und sind in der Post-Pandemie Ära weiterhin präsent. Die Arbeitsstättenverordnung berücksichtigt Telearbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, die klar vertraglich vereinbarte Arbeitszeiten und Bedingungen erfordern. Seit der Novellierung der Verordnung im Jahr 2016 müssen Telearbeitsplätze den Vorschriften zur Gefährdungsbeurteilung entsprechen, die auch für traditionelle Büroarbeitsplätze gelten.
Von den Vorgaben der ArbStättV überwältigt?
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Häufig gestellte Fragen
Was genau ist eine Arbeitsstätte?
Eine Arbeitsstätte ist ein Arbeitsraum oder ein anderer Ort in einem Gebäude oder im Freien auf einem Betriebsgelände oder einer Baustelle, der für die Arbeit genutzt wird oder zu dem Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben.
Was sind die Pflichten der Arbeitgeber nach der Arbeitsstättenverordnung?
Arbeitgeber:innen müssen Arbeitsstätten so einrichten und betreiben, dass die Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen für die Beschäftigten vermieden werden.
Ist die Arbeitsstättenverordnung rechtlich bindend?
Ja, die Arbeitsstättenverordnung ist für den Unternehmer bzw. Arbeitgeber rechtlich bindend. Sie muss umgesetzt werden.
Was passiert, wenn ich als Arbeitgeber:in die Arbeitsstättenverordnung nicht beachte?
Die Nichtbeachtung der Arbeitsstättenverordnung kann zu Bußgeldern bis zu 30.000 Euro führen; bei schwerwiegenden Verstößen drohen sogar Freiheitsstrafen und der Entzug der gewerberechtlichen Erlaubnis.